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Top 10 Klavier Anfänger Fehler – machst du auch diese Fehler?

Du fängst an, Klavier zu lernen, und fühlst dich unsicher? In diesem Artikel beschreibe ich für Klavier-Anfänger die «Top 10» der Fehler beim Üben. Du wirst überrascht sein, worauf es beim Üben wirklich ankommt. Ich hoffe, dass dir diese Tipps dienen.

Wenn du hier neu bist: Ich habe einige spannende Artikel für Anfänger, wie z.B.

Bemerkung: Mit «Anfänger» sind auch Anfängerinnen und alles dazwischen gemeint.

Klavier-Anfänger-Fehler vor dem Spielen

1. Auf dem falschen Instrument spielen

Anfänger wissen oft nicht, was es für Unterschiede gibt z.B. zwischen Keyboards, Stage Pianos etc. So finden sie gar nicht heraus, welches Instrument sie eigentlich lernen wollen und gewöhnen sich an die Mechanik des einen Keyboards, das sie beim Onkel auf dem Dachboden gefunden haben. Es lohnt sich, wenn möglich, auf einem echten Klavier zu üben oder auf einem E-Piano mit guter Mechanik. Worauf es bei einem E-Piano ankommt, habe ich bereits ausführlich berichtet in meinem E-Piano Komplett-Ratgeber.

2. Stücke direkt spielen, ohne sie vorher zu analysieren

Man fängt oft einfach an, die Noten zu lesen. Nach 3–4 Takten merkt man, dass es nicht richtig klingt, um dann festzustellen, dass das Stück eigentlich im 3/4 Takt ist (anstatt 4/4), dass es Vorzeichen gibt und man anstatt F ein F# hätte spielen sollen. Oder man schaut sich die Noten an und denkt «Uff… 8 Seiten, ich nehme lieber ein kürzeres Stück», weil man nicht gemerkt hat, dass die Hälfte der Seiten wiederholte Passagen sind, die in der Klassik oft ausgeschrieben werden – die man aber gar nicht lesen muss!

Es lohnt immer, sich 1–2 Minuten Zeit zu nehmen, um das Stück genauer anzuschauen bevor man es zu lernen beginnt:

  • Die Vorzeichen anschauen, einmal die Tonleiter spielen, um sich auf die richtigen Töne einzustellen
  • Das Tempo und die Taktart anschauen und sich auf den richtigen Groove einzustellen
  • Schauen, ob das Lied ternär zu spielen ist, d.h. ob es eine Swing-Vorgabe gibt
  • Wiederholungen aufsuchen, sich mit der Struktur des Stücks vertraut machen

3. Das Klavier nicht mitten in der Wohnung haben

Die Motivation zum Üben kann kommen und gehen. Manchmal muss man sich zwingen, dran zu bleiben. Wenn das Klavier in einer dunklen Ecke steht, man es zuerst noch öffnen, abstauben, den Stecker einstecken und die Notenstapel von der Klaviatur wegräumen muss… dann wird man definitiv nicht so oft üben, wie wenn das Klavier immer offen und bereit zum spielen da steht. Am besten stellt man es mitten in der Wohnung, an einem Ort, wo du oft vorbeikommst, damit du geradezu darüber stolperst. Glaub mir, das wirkt Wunder!

4. Zu schwierige Stücke zu spielen versuchen

Um motiviert zu bleiben, muss jeder Lernprozess achtsam gestaltet werden: Zu kleine Sprünge langweilen, zu grosse Sprünge schüchtern ein. Besonders wenn du selbst Klavier lernst, wirst du darauf achten müssen, dass deine Stücke nicht zu schwierig sind, damit du auch dran bleibst und regelmässig Erfolge feiern kannst.

Ein einfacher Weg, Stücke auf dem passenden Niveau zu finden, ist mit Büchern zu arbeiten. Meine persönlichen Empfehlungen zu den besten Klavier-Lern-Büchern findest du hier.

5. Ohne richtige Technik und/oder Körperhaltung spielen

Klavier-Anfänger machen oft den Fehler, Lieder zu üben, ohne sich erst eine gesunde Körperhaltung und optimale Technik angeeignet zu haben. Das Resultat ist dreierlei:

  1. irreführend, weil man weniger vorwärts kommt als mit der richtigen Technik;
  2. gefährlich, weil man sich weh machen kann; und
  3. frustrierend weil man sich Abläufe einübt, die danach schwer zu korrigieren sind.

Es lohnt sich also, die richtige Technik von Anfang an dabei zu haben. Ich habe zu diesem Zweck eine Kürzest-Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte einer perfekten Klaviertechnik geschrieben. Du kannst sie hier als kostenloses eBook herunterladen. Du wirst sehen: Die richtige Technik ist gar keine Hexerei.

Klavier-Anfänger-Fehler beim Spielen

6. Zu schnell üben

Die meisten von uns erfahren leider erst spät, wie das Lernen an sich überhaupt funktioniert. Insbesondere zum Lernen von Bewegungsabläufen haben viele die Einstellung «einfach machen, wiederholen, und dann lernt man es schon.» Was ich mittlerweile tausendfach erlebt habe ist, dass die neuen Verknüpfungen im Gehirn – das, was wir trainieren wollen – sich bei zu schnellem Üben viel langsamer bilden. Mit anderen Worten: Man wird nicht wirklich besser beim wiederholten Üben einer Passage, wenn man sie im Tempo übt.

Es lohnt sich, alles langsamer zu üben, als es am Schluss sein sollte. Es ist nicht ganz logisch, weil man ja das Stück im richtigen Tempo spielen will. Überraschenderweise ist genau das der Trick: Langsam üben, langsam üben, langsam üben und dann plötzlich merken, dass man das Stück auch schnell spielen kann. Es geht wie von selbst. Damit das funktioniert, soll der Fokus statt auf dem Tempo auf den folgenden drei Punkten liegen:

  • Bewusstheit – nicht über die Töne «darüber-wischen», sondern sie bewusst und achtsam spielen; Finger auf der Klaviatur tanzen lassen
  • Gleichmässigkeit – nicht «Hauptsache die Töne stimmen», sondern darauf achten, dass der Rhythmus exakt ist; Stellen aufdecken, wo es nicht so ist und diese noch langsamer üben
  • Klarheit – Begreift dein Gehirn, welche Töne der linken Hand mit welchen Tönen der rechten Hand zusammen kommen? Kannst du mit dem Fuss die Vierteln klopfen und die Melodie dazu spielen?

Wenn du eine erprobte Methodik lernen willst, beide Hände zusammenzusetzen, empfehle ich dir das Left Hand Practice Training.

7. Zu oft dieselbe Stelle üben

Der Klassiker: Du fängst an, ein Stück zu lernen und übst die erste Zeile. Beim nächsten Üben nimmst du die zweite Zeile dazu, aber spielst die erste noch ein paar Mal, weil du sie schon ein bisschen kannst. Beim dritten Üben versuchst du, die dritte Zeile zu spielen und sie fängt dich an zu nerven, weil sie schwieriger ist. Du spielst die erste Zeile noch ein paar Mal, um dich zu motivieren.

Das Gefälle zwischen der Stelle, die du am besten kannst (meist die ersten paar Takte) und der Stelle, die du am schlechtesten kannst (meist die schwierigste Stelle im Stück) wird immer grösser. Das ist wie, wenn du eine Wand anmalst und dabei auf die Stellen, die schon gut gedeckt sind nochmal richtig viel Farbe aufträgst und die dünnen Stellen, wo man noch die alte Farbe erkennt, nur spärlich darüber malst. So wirst du nie eine gleichmässige Wand hinbekommen.

Hier lohnt es sich, die schwierigste Stelle möglichst früh zu identifizieren und dieser Stelle die meiste Aufmerksamkeit zu widmen. So kannst du viel besser die «Unebenheiten» des Stücks ausgleichen und kommst damit besser voran mit dem Üben. Übe dafür immer zuerst die schwierigste Stelle im «Loop» ein paar Mal und nimm danach auch den Takt vorher und den Takt nachher dazu, damit du auch die Übergänge mit übst.

8. Den Fingersatz zu oft verändern

Unser Gehirn speichert die Musik, die wir üben, auf mindestens vier Kanälen:

  • Zwei davon sind visuell, übers Notenbild und übers «Bild» der Tasten;
  • einer auditiv und
  • einer haptisch bzw. kinästhetisch.

Ich merke mir also beim Üben gleichzeitig die Notenfolge (visuell), die Tastenfolge (visuell), die Melodie (auditiv) und die Bewegung meiner Finger (kinästhetisch).

Es gibt oft Passagen, in denen verschiedene Fingersätze möglich sind. Wenn ich an solchen Stellen nicht bewusst darauf achte, immer denselben Fingersatz zu verwenden, dann mache ich immer wieder unterschiedliche Fingerbewegungen. So weiss mein Gehirn nicht, welche Fingerbewegung es jetzt speichern soll. Das ist wie wenn du auf zehn verschiedenen Pferden gleichzeitig reiten lernst… Du lernst die Stücke also um einiges müheloser, wenn du dich bewusst für einen Fingersatz entscheidest.

Lies hier wie du Fingersätze selbst gestalten kannst.

9. Zu lang und zu wenig oft üben

Kennst du das Phänomen vom passiven Über-Nacht-Lernen? Unser Gehirn verarbeitet Information im Schlaf. Das vergessen wir allzu oft, vor allem weil wir erwarten, dass wir ein Stück nach einer Übungs-Session besser können sollten als vorher. Es lohnt sich, eine Gewohnheit zu entwickeln, die dich an das Über-Nacht-Lernen erinnert: Wenn du beim Üben anfängst zu denken «Das ist schwierig.» – hör auf und probier es am nächsten Tag nochmal.

10. Nie mit Schlagzeug üben

Ich könnte auch «nie mit Metronom spielen» schreiben, aber ich wollte nicht, dass du diesen Abschnitt überspringst, weil dich der Klang des Metronoms nervt. Die meisten von uns wissen nicht, weshalb mit Metronom (oder mit Drum-Machine oder einem echten Drummer) geübt werden soll. Ich verrate es dir: Es geht nicht nur um Gleichmässigkeit, sondern um das Gefühl für den Groove.

Wenn du ohne Metronom spielst, hast du keine Tempo-Vorgabe. Das heisst aber nicht, dass du «ohne Tempo» spielst. Du wählst einfach irgendein Tempo. Diese Wahl passiert nicht absichtlich, sondern unbewusst. Damit reproduzierst du «deinen Groove», d.h. du spielst immer wieder im gleichen Groove, anstatt in dem Groove zu spielen, der dem Stück dienen würde.

Das bedeutet nicht, dass du immer im genau selben Tempo spielst. Jedoch wirst du nie aus der Komfortzone gelockt und dein Groove pendelt sich immer wieder ein. Leute, die zehn Stücke von dir hören würden, würden sagen «Es klingt immer gleich», und sie wüssten nicht, warum sie das denken.

Ein Metronom oder ein Beat, der dich zwingt, in einem bestimmten Tempo zu bleiben, erweitert deinen Groove-Horizont. Wenn ein Drummer spielt, musst du dich mit dem Groove beschäftigen und ihn verinnerlichen. Dein Körper fängt an mitzuschwingen und dein Repertoire wird erweitert.

Mach ein Commitment zum Üben mit Metronom und kauf dir eins. Wenn du nicht weisst welches Metronom du kaufen sollst, kannst du alles in meinem Metronom-Kauf-Ratgeber nachlesen.

 

So, das waren meine Top 10 Klavier-Anfänger-Fehler. Hast du was gelernt? Hast du noch Fragen? Schreib einen Kommentar, ich freue mich darauf.

Artemi

Als Klavierlehrer ist Artemi leidenschaftlich dabei, das Know-How um das freie Klavierspiel für alle Tastenbegeisterte frei zugänglich zu machen. Jede und jeder soll Klavier spielen lernen können – kostenfrei und unkompliziert. > mehr über Artemi

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. josephine

    Genau das werde ich machen. Mir ein e piano kaufen. Danke für die Tipps Artemi.

  2. Regina

    Hallo,
    eine sehr gute Seite.
    Ich hätte eine Frage. Wie bekomme ich 32-tel-Triolen auf Tempo? Es sind viele Sprünge drinnen, die ich mir schon zerlegt habe, aber ich kann nur 16-tel-Triolen spielen.
    Danke schon einmal für die Antwort.

    1. Artemi

      Liebe Regina
      Eine 32-el Triole hat gesamthaft (alle drei Töne) die Länge eines 16els – analog zu 16-el-Triolen, die die Länge eines 8els haben. Wenn du 16el-Triolen spielen kannst, dann kannst du auch 32-el Triolen spielen. Mein Vorschlag: stelle dein Metronom so ein, dass es dir die 16el klopft. Das müsste helfen. Falls nicht, schick mir die Noten von der Stelle, die du übst.

      1. Regina

        Hallo Artemi,

        danke dir. Das werde ich einmal probieren.
        lg

  3. Luna

    Super Tipps! Dankeschön!

  4. Klaus

    Hallo Artemi,
    ich finde es sehr gut, dass Du Tipps gibt, wie man diese Fehler abstellen kann, weil ich mich bei den Tipps sehr gut wiederfinde und weil ich auch erst lernen musste, nur die fehlerhaften Takte zu wiederholen und nicht das ganze Lied. Und ich finde es auch sehr gut, was Du beim Punkt 2. geschrieben hast, weil ich auch sehr oft gar nicht alle Informationen aufnehme, die in der Partitur zu finden sind.

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