Wir haben die KlavierKranich-Community befragt, ob das Klavier-Lernen online und als Erwachsener überhaupt möglich ist und was da so die verschiedenen Erfahrungen sind. Aus den zahlreichen Antworten haben wir in diesem Artikel die Essenz herauskristallisiert.
Du kannst hier also nachlesen, worauf es beim autodidaktischen Erlernen des Klavierspiels im Erwachsenen-Alter wirklich ankommt – bestätigt durch echte Erfahrungen.
Online Klavier Lernen: 8 Tipps aus echten Erfahrungen

Tipp #1: «Das A und O ist Kontinuität»
Wie bei allem – ob Kochen oder eine neue Sprache lernen – Bildung braucht Zeit und das Dran-bleiben-Können macht den Unterschied. Nicht die Schnelleren kommen weiter, sondern die, die sich als geduldiger erweisen. Das Klavierspiel ist hier keine Ausnahme und deswegen muss sich jede/r Autodidakt/in auf einen Marathon (und nicht auf einen Sprint) einstellen.
Jessica aus Wien schreibt (Auszug):
«Bei allen Sachen, die man selbst lernt, ist Kontinuität der ausschlaggebende Faktor für mich. Man muss natürlich mit seinen Zielen realistisch sein. In den meisten Fällen ist es ja ein Hobby, also eine Sache, die man gerne macht, daher lieber Ziele wählen, die erreichbar sind und worüber man sich dann immer wieder freuen kann, sie erreicht zu haben. Und ehrlich zu sich selbst sein, warum man dann doch keine Zeit hatte bzw. Dinge verbessern, sodass es dann beim nächsten Mal klappt (vielleicht ein paar fixe Klavier-Lernstunden in der Woche freihalten, Klavierhocker immer freihalten von Zeugs etc.^^)» → Ganze Geschichte von Jessica lesen
Tipp #2: Zur rechten Zeit am rechten Ort
Beim autodidaktischen Lernen entfällt mit einer Lehrperson automatisch auch die Orientierung. Wie kannst du wissen, ob du bei der richtigen Sache dran bleibst? Ob du die Prioritäten richtig setzt? Eine Autodidaktin hat uns geschrieben, es sei z.T. eine Glückssache, ob man zum richtigen Zeitpunkt die genau passenden Hilfsmittel findet, die man auch benötigt, um weiter zu kommen. Es bedarf eines Vertrauens auf die eigene Intuition: Als Selbstlernende/r musst du einschätzen können, was für dich gerade dran ist und was nicht. Manchen fällt das leicht, anderen weniger.
Was dafür sicher hilfreich ist, eine Übersicht über die verfügbaren Ressourcen zu haben: Bücher, Apps, Online-Trainings etc. Noch hilfreicher ist es, sich die Orientierung bei einer echten Person zu suchen und sich so, z.B. mit einem Klavierlehrer zusammen, eine persönlichen Lernplan zu erstellen, der die Prioritäten festlegt und an den man sich in Momenten akuter Orientierungslosigkeit halten kann.
Renate aus Weinheim schreibt (Auszug):
Es ist ein großes Abenteuer, Methodik und Didaktik zu einem Themengebiet zu entwickeln, von dessen Inhalten und Umfang man nicht die leiseste Ahnung hat. Viel hängt davon ab, ob man zur richtigen Zeit den passenden Hilfsmitteln begegnet. […] Ich arbeite von Anfang an mit den Büchern von Tim Richards (Blues Piano und Jazz Piano) und suche mir immer dann, wenn ich auf spieltechnische Schwierigkeiten stoße, weitere Hilfsmittel in Form von Videos oder Artikeln aus dem Internet. So bin ich auch auf deine Chords Foundation gestoßen, die mir vieles, was als Einzelinformationen in meinem Kopf war, sortiert und zusammengefasst hat. Perspektivisch wünsche ich mir eine Art Coaching etwa einmal im Monat, bei dem ich einem Lehrer vorstellen kann, woran ich übe, und der mir dann Tipps und Impulse gibt, wie ich weiterüben könnte. → Ganze Geschichte von Renate lesen
Tipp #3: Das Ziele-Setzen 1 mal 1
Das Setzen von Zielen scheint eine Masche zu sein unter Menschen, die erfolgreich auf eigene Faust neue Dinge lernen. Auch unsere Klavier-Autodidakten wissen das zu schätzen. Ich würde zumindest empfehlen, sich der eigenen Ziele bewusst zu werden und sie so zu formulieren, dass sie auch erreichbar werden. Die meiste Menschen haben nämlich bereits Ziele, einfach nicht bewusst formulierte. Und wenn du Ziele als erreichbar formulierst, dann hilft dir das dran zu bleiben – denn erreichte Ziele motivieren, weiterzumachen.
Setze dir Ziele, die du direkt unter Kontrolle hast. Wenn du z.B. das langfristige Ziel hast, am Klavier frei und drauf los spielen zu können, dann bist du vielen Faktoren ausgeliefert, die du nicht unter Kontrolle hast. Wer weiss, wie lange es dauern wird, bis du dort bist. Wenn du aber deine Zwischenziele so formulierst, dass du sie vollständig kontrollieren kannst – z.B. «Ich spiele 15 Minuten jeden Tag» – dann kann dich niemand (nur du selbst) davon abhalten, jeden Tag erfolgreich zu sein!
Eduard aus der Schweiz schreibt (Auszug):
Das technische Rüstzeug zu erarbeiten geht sehr gut ohne Unterstützung. […] Ich lerne mit der „Russischen Klavierschule Band 1“ und finde diese genial. Zuvor habe ich mit „Klavier lernen leichtgemacht“ begonnen. Dieses Lehrbuch geht für mich aber viel zu schnell vorwärts ohne die grundlegenden Fähigkeiten zu vermitteln. Ich suche auch über Youtube entsprechende Ratschläge, Hinweise und Übungen. [… ] Setze dir Ziele die anforderungsreich aber nicht unmöglich sind. Übe jeden Tag ungefähr zur gleichen Zeit, wenn dies für dich möglich ist. Bleibe daran auch wenn du das Gefühl hast nicht weiterzukommen und keine Fortschritte erkenntlich sind. Plötzlich machst du wieder einen Schritt vorwärts. → Ganze Geschichte von Eduard lesen
Tipp #4: Zum Niveau passende Stücke finden
Der maximale Lerneffekt liegt auf dem Grat zwischen Langeweile und Überforderung. Als Autodidakt/in musst du einen Teil deiner Aufmerksamkeit stets bei der Frage haben «Wo befinde ich mich gerade?». Wie ist dieses eine Stück: Ist es zu leicht und du langweilst dich gerade? Ist es genau richtig und du lernst etwas? Oder ist es zu schwierig und du bist eigentlich überfordert?
Mit der Zeit hast du den Dreh raus und weisst genau, wie es sich anfühlen muss. Bis dahin wirst du einige Stücke durchprobieren, um zu merken, wo dein Niveau ist und was du genau brauchst, um weiter zu kommen.
Jenny aus Hof schreibt (Auszug):
Ich denke, man braucht beim autodidaktischen Lernen eine hohe intrinsische Eigenmotivation. Man muss aus eigenem Antrieb wirklich lernen wollen und sich selbst Ziele setzen. Außerdem muss man in der Lage sein, seinen Lernprozess selbstverantwortlich zu steuern., Mir persönlich gelingt das sehr gut, weil ich wirklich motiviert bin. […] Mir aber geht es manchmal so, dass ich mir ein neues Stück erarbeitet habe und wenn ich das dann spielen kann, weiß ich nicht so recht, wie ich weitermachen soll. Es gibt zwar unzählige Stücke, die ich gerne spielen lernen möchte. Aber es ist manchmal schwer, eigenständig das richtige Level zu finden. Manchmal ist ein Stück so, dass ich es schon nach wenigen Tagen spielen kann. Das ist dann zwar sehr schön, aber ich habe dann nicht wirklich das Gefühl, dazu zu lernen und weiter zu kommen. Ein anderes Mal habe ich mir ein Stück ausgesucht, das mich so sehr fordert, dass ich mir daran die Zähne ausbeiße. → Ganze Geschichte von Jenny lesen
Tipp #5: Die eigene Motivation kennen
Eine meiner Schülerinnen kam immer wieder zu mir in die Klavierstunde mit schlechtem Gewissen: Sie hat die Menuetts und die Fingerübungen schon wieder nicht gespielt, dafür hat sie stundenlang an einem Stück von Michael Jackson geübt. Die Verknüpfung «Lernen darf nicht Spass machen» ist ein Relikt aus den früheren Schulzeiten und wir können sie getrost loslassen. Stattdessen können wir uns eingestehen, dass unsere Motivation bei Stücken «die uns packen» automatisch viel höher ist.
Diana aus Norddeutschland schreibt (Auszug):
Mir persönlich fällt es leicht, durch üben, üben, üben Fortschritte zu erzielen. Wenn ich ein neues Stück ausprobieren möchte, dann besorge ich mir Noten, höre mir ein Stück immer wieder an und gucke auch schon mal, ob es im Internet dazu ein Lernvideo gibt. […] Ich versuche tatsächlich mindestens einmal am Tag zu spielen/üben. Da ich voll berufstätig bin klappt es mal mehr mal weniger, aber 15 Minuten täglich bekomme ich (fast) immer hin. [Was würdest du einer angehenden Klavier-Autodidaktin mit auf dem Weg geben?] Auch wenn es abgedroschen klingt: üben, üben, üben… das wirkt tatsächlich. Ganze Musikstücke in kleineren Abschnitten üben, gerne versuchen durchzuspielen, aber da wo es hakt auch gerne den Part immer wieder wiederholen. → Ganze Geschichte von Diana lesen
Tipp #6: Wie lernen – Bücher? Kurse? Tutorials?
Bisher ist mir noch keine Autodidaktin begegnet, die auf nur ein Mittel schwören würde. Niemand lernt Klavier nur aus Büchern oder nur mittels Tutorials oder nur mit einer App. Alle haben ihre eigene Mischung aus verschiedensten Medien.
Ich sage dazu nur: Kenne deine Auswahl! Hier eine Auflistung verschiedener Medien, die meine Schüler/innen für sinnvoll halten:
- Bücher – schau dir meine Top 10 Klavierbücher-Auswahl
- Noten-App Oktav – informiere dich darüber, schau dir mein Review an
- Noten-App Tomplay – informiere dich darüber, schau dir mein Review an
- Online-Kurse – bevor du etwas kaufst, mach bei der kostenlosen Akkorde-Challenge mit
Der kostenlose Crashkurs für Klavier-Akkorde:
Mach mit bei der Akkorde-Challenge, in der du in nur 5 Tagen die faszinierende Welt der Klavier-Akkorde entdecken kannst:
Online-Kurse lösen für viele Menschen das Problem der Orientierungslosigkeit, weil sie in der Regel eine bestimmte Reihenfolge vorschlagen und einen roten Faden anbieten, der dich durch deinen Lernprozess leitet. Falls du dich immer wieder fragst «Was als nächstes?», könnte ein Online-Kurs für dich eine Lösung sein.
Sandra schreibt (Auszug):
Der Kombi-Mix von 6 x 0.5 Std. Einzelunterricht mit Klavierlehrer, Handouts und Videolinks der einzelnen Module (Spieltechnik, Fingerworkout, Musiktheorie, Improvisation und Stücke) sind ideal für mich. Den Unterricht besuche ich im 2 – 3 Wochenrhythmus. So habe ich immer wieder einen Orientierungs- und Motivationsanker, was mir auch hilft, wenn ich mal anstehe. […] Ergänzend lese ich viel, schlage Dinge nach oder schaue mir Videos an. Ich hab manchmal das Gefühl, ich lerne seeehr langsam, aber stetig. […] Weggekommen bin ich von den (gefühlten) tausenden Youtube-Videos und Apps, die versprechen, dass man in 10 Min. das Klavierspiel lernen könne … Die sind zwar nett gemeint, aber die Inhalte wiederholen sich und wirklich Klavierspiel-LERNEN kann ich damit nicht. Ich muss für mich verstehen können (wollen), was dahinter liegt … 😉 Das Abbo, das ich mir gönne ich das von Oktav. Die Auswahl an Noten mit Videolinks und Schwierigkeitsgraden finde ich hervorragend. Wenn etwas fehlt, werde ich meist bei musicnotes fündig.🙏 → Ganze Geschichte von Sandra lesen
Tipp #7: Brauche ich Einzelunterricht?
Die meisten Autodidakten nehmen trotzdem teilweise Einzelunterricht, wenn auch nur punktuell und nur phasenweise. Themen, für die es sich lohnt, in Einzelunterricht zu investieren sind:
- Dynamisch spielen lernen – die feinen Nuancen von Laut und Leise in der Praxis verstehen und umsetzen lernen
- Fingersätze erarbeiten lernen – mit dem Lehrer zusammen eine Technik entwickeln, wie du selbstsicher eigene Fingersätze erarbeiten kannst
- Rhythmus-Knoten lösen – falsch eingeübte oder nie richtig verstandene rhythmische Bewegungen richtig einprägen, damit sie dir später zur Verfügung stehen
- Haltung am Klavier – ob Finger, Hand oder Körper, Feedback erhalten zu deiner Haltung kann es Wert sein, in ein paar Klavierstunden zu investieren
Herbert aus Wien schreibt (Auszug):
Da das korrektive Element fehlt ist mein Endruck, dass ich mich schwerer tue ohne Lehrer. Was auch ohne Lehrer gut zu lernen ist, sind die zwei Notenschlüssel, Geläufigkeit ,die Koordination rechte Hand, linke Hand, alles was durch Wiederholung leichter „von der Hand geht“. Schwierig wird es wenn es um den Fingersatz geht, Haltungsfehler nicht korrigiert werden und vor allem wenn keiner da ist, der Passagen vorspielt. Gut gehörtes lässt sich einfach leichter nachspielen. Ich übe Stücke aus „Klavierspielen leicht gemacht“, „Meine erste Fingerübungen“ und schaue Videos aus Left Hand Kung Fu. Ab und an kommt der Freund meiner jüngsten Tochter und korrigiert Haltungsfehler. → Ganze Geschichte von Herbert lesen
Tipp #8: «Akzeptiere, wie lange es dauert, ein Stück zu lernen»
Realitäts-Check: Ich weiss, dass ich mir nach 20 Jahren Klavier auch mal ein Jahr lang an einem Chopin die Zähne ausbeissen kann. Aber ich hab’s leicht, denn ich bin auch Klavierlehrer und muss niemandem irgendetwas beweisen. Was, ein Jahr lang an einem Stück?!? Ja. Die meisten Menschen nehmen leider eine ganz schiefe Erwartungshaltung in Bezug auf die Lerngeschwindigkeit ein. Das Klavier ist ein mehrstimmiges Instrument und kann deswegen NICHT mit Melodieinstrumenten wie Geige, Flöte, Saxophon etc. verglichen werden. Es sind ganz andere Lernprozesse, die hier involviert sind.
Bettina aus Dachau schreibt (Auszug):
Ich übe oft sehr lange (Monate) an mehreren Stücken parallel und habe es inzwischen akzeptiert, dasss es einfach sehr lange dauert, bis ich ein Stück halbwegs flüssig spielen kann. […] Meine Ratschläge für Autodidaktiker*innen sind:
– übe oft, am besten täglich. Fortschritte machen ist die beste Motivation
– melde dich zu newslettern an und schau/höre, was ander machen. Das erinnert dich immer wieder, warum es sich lohnt zu üben und macht Lust, Übetipps auszuprobieren
– nutze Gelegenheiten, um jemandem vorszuspielen
– übe Klavierspielen und dazu singen. Das ist nicht einfach, aber macht viel Spaß
– übe neue/schwierige Stücke, bei denen du nur langsame Fortschritte machstund einfache/schon bekannte Stücke. So hast du Herausforderung und Entspannung
– mach dir eine Liste der Stücke, die du übst bzw. noch lernen willst. V.a., wenn du wie ich ein Chaos an Büchern und Einzelseiten hast. Auch dich so an Stücke, die du vor einiger Zeit mal geübt und lange nicht gespeilt hast, wieder zu erinnern und nochmal rauszukramen, ist schön
Ganze Geschichten aus der KlavierKranich-Community
Die Zitate oben sind Auszüge aus den Geschichten von Klavierlernenden der KlavierKranich-Community. Wenn du die ganzen Geschichten lesen willst, kannst du sie hier als PDF herunterladen: Erfahrungsberichte Klavier Online Lernen [PDF].
Lieber Klavier-Kranich, ich habe mich auf deiner Seite über den Kauf eines e-Pianos informiert, vielen Dank für die tollen Tipps! Ich frage mich jetzt nur noch, wie stabil denn die Klaviere stehen, die auf einen Ständer gestellt werden müssen? Als Anfängerin stelle ich mir vor, dass das eine wackelige Angelegenheit ist und ein e-Piano doch auch wie ein herkömmliches Klavier mit "Beinen" sein muss. Vielleicht kannst du mir dazu noch Auskunft geben, vielen Dank.
Liebe Sabine
Die Ständer sind stabil gebaut und die E-Pianos sind schwer genug, dass es nicht einmal wackeln wird. Ich selbst habe auch ein 3000 Euro schweres E-Piano auf einem Kreuz-Ständer und das Ding hält egal wie ich in die Tasten haue. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.
Grüsse,
Artemi