Manchmal wird einem beim Klavierspiel langweilig von den immer selben Begleitmustern. Wahrscheinlich spielst du deine Akkorde auch immer auf die selbe Art, oder hast ein Repertoire aus 3-4 Begleitmustern, mit denen du dich zufrieden gibst. Dabei müssen Begleitmuster nicht zwingend schwierig sein, um dein Akkord-Spiel abwechslungsreicher zu gestalten.
Schritt 1: Melodie und Akkorde auf Noten
Wir schauen uns ein ganz einfaches Begleitmuster an, das dich begeistern wird. Wir wenden es direkt an, am Beispiel vom guten alten Amazing Grace. Wenn du zu dem Stück Noten haben willst, kannst du eines der vielen verschiedenen Leadsheets herunterladen, die man im Internet findet, z.B. dieses hier. Wenn du nicht weisst, was ein Leadsheet ist, lies hier weiter: → Klavier spielen ohne Noten.
Das Konzept vom Begleitmuster ist immer gleich: Wir spielen mit der rechten Hand die Melodie und «erfinden» eine Begleitung für die linke Hand anhand der Akkorde, die über der Melodie notiert sind:
Schritt 2: Akkorde verstehen
Jetzt schreiben wir uns die Akkorde raus, die im Lied vorkommen. Hier sind es am Anfangs-Beispiel die drei Akkorde F, Bb und C. Wir bauen die Dreiklänge auf, in ihrer Grundstellung:
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Schritt 3: Voicings bilden
Aus dem Schritt 2 wissen wir, welche Töne jeweils in welchem Akkord vorkommen. Im Akkord F zum Beispiel kommen die drei Töne F, A und C vor. Voicing heisst soviel wie «Wie ordnen wir jetzt diese Akkord-Töne genau an?». Die Akkord-Voicings, die wir in diesem Begleitmuster nutzen, sind ganz einfach: Wir nehmen jeweils die erste oder zweite Umkehrung des Dreiklangs und lassen den mittleren Ton weg.
Hier sind die drei Akkorde jeweils mit ihren Umkehrungen. Die Grundstellung nutzen wir für dieses Muster nicht, ich erkläre weiter unten warum:
Jetzt lässt du einfach jeweils den mittleren Ton weg. Das gibt für jeden Akkord zwei Möglichkeiten, wie du ihn spielen kannst. Welche du wählst ist nicht wichtig, du kannst nach deinem Geschmack vorgehen und ausprobieren. Beide klingen schön:
Der Grund, weshalb wir die Grundstellung nicht nutzen ist folgender: Durch das Weglassen des mittleren Tons entsteht zwischen den bleibenden zwei Tönen ein musikalisches Intervall – bei der Grundstellung eine Quinte und bei den beiden Umkehrungen eine Sexte. Hier die drei Gründe, warum ich mich gegen die Quinten entschieden habe:
- Quinten klingen eher hart, Sexten klingen viel weicher.
- Quinten, nacheinander gespielt, klingen noch härter – das ergibt die sogenannten Quinten-Parallelen.
- In der Quinte fehlt der Ton, welcher über die Aussagekraft über das Geschlecht des Akkordes verfügt: die Terz. Man hört also nicht, ob der Akkord Dur oder Moll ist.
Schritt 4: Rhythmus
Ein Begleitmuster setzt sich immer aus Voicings + Rhythmus zusammen. Unser Rhythmus ist ganz einfach: Wir spielen einen Akkord pro Takt, im 3/4-Takt heisst das jeweils eine punktierte Halbe bzw. drei Schläge.
So sieht also unsere Begleitung aus:
Bei der Wahl der Voicings aus den zwei oben genannten Varianten bin ich nach Gehör vorgegangen und habe auch die Lage der Akkorde mitberücksichtigt. Je näher die jeweiligen Akkorde beieinander liegen, desto ruhiger klingt die Begleitung. Also Voicings so wählen, dass du beim Akkordwechsel möglichst wenig die Hand bewegen musst.
Bonus: Schritt 5 – Grundton dazunehmen
Wenn das obere Begleitmuster für dich zu einfach ist, kannst du es noch ein wenig ausbauen und vor dem jeweiligen Akkord immer zuerst noch den Grundton spielen. Wenn du das Pedal noch dazu nimmst, klingt das ganz wunderbar. So könnte das nun erweiterte Begleitmuster aussehen: