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Eine kleine Jazz-Übung

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  • Lesedauer:9 min Lesezeit

1. Tonleiter: D-Moll, aber harmonisch

Erst die Tonleiter: Diese Übung ist in D-Moll. Die Leiter von D-Moll nutzt alle weissen Tasten, bis auf das B anstatt H. Die Vorzeichen sind gleich wie bei F-Dur. Wir sind im Quintenzirkel bei 11 Uhr.

D Moll Tonleiter

Die Melodie nutzt hier aber eine Variation der Moll-Tonleiter, bei der die 7 erhöht ist. Der Ton C wird hier also zum Cis.

D-Moll harmonisch Tonleiter

Die Tonleitern hängen von der Tonart ab und geben dir mehr Kontext und helfen dir, die richtigen Töne zu spielen.

2. Melodie für die rechte Hand

Jetzt spielen wir erst die Tonfolge, die aus 16 Tönen besteht. Achte auf den Fingersatz: die Hand verschiebt sich zweimal: einmal mit dem Daumenuntersatz (1 3) und einmal „rückt“ sie nach (1 2). Die Noten, die mit einem Bogen verbunden sind, spielst du alle ohne die Hand zu verschieben.

Tonfolge rechte Hand

Vielleicht hast du schon gemerkt: die Melodie liegt sehr gut in der Hand und du kannst nach dem letzten Ton gleich wieder von vorne anfangen – einfach eine Oktave weiter unten. So verschiebt sich die Hand noch einmal mehr zwischen den beiden Takten, mit einem weiteren Daumenuntersatz (1 3).

Melodie über zwei Oktaven

Du kannst jetzt als Übung diese Melodie über die komplette Klaviatur spielen – fang bei einem Cis an ganz ganz oben und spiele so lange bis du beim tiefsten A landest. Der Abschluss klingt am besten wenn du mit den ersten 5 Tönen der Tonfolge aufhörst.

Melodie Abschluss

3. Welche Akkorde würden dazu passen?

So wie eine Tonart 7 Töne hat, passen zur Tonart auch nur 7 Dreiklänge – die nennt man Stufenakkorde. Es lohnt sich, diese zu studieren, bevor man anfängt, eine Begleitung zu bauen.

Die Töne der harmonischen Moll-Leiter laden für unsere Ohren meist den Akkord der fünften Stufe ein. Die fünfte Stufe in D-Moll ist der Akkord auf dem fünften Ton der Leiter – normalerweise ein A-Moll.

Stufenakkorde D-Moll

Aber in der harmonischen Leiter wird ja das C zum Cis hochversetzt. Damit wird der Am-Akkord zu einem A-Dur.

Stufenakkorde D-Moll harmonisch

4. Wenn es nur ein Akkord wäre…

Wenn wir also nur einen Akkord nutzen dürfen, würde ich einen A-Dur-Dreiklang nehmen. Aber wir wollen eine Jazz-Übung und damit es jazziger klingt, wollen wir den Akkord erweitern und alterieren.

Die simpelste Erweiterung ist eine 7, die macht unseren A-Dur-Akkord zu einem sogenannten Septakkord A7.

Septakkord A7

Die einfachste Variante, einen alterierten („abgewandelten“) Akkord zu machen, ist die Quint nach oben zu versetzen. Die Quint ist der obere Ton im Dreiklang (beim A-Dur der Ton E). Beim Akkord der fünften Stufe in harmonisch Moll wird dieser Ton sehr oft nach oben versetzt, um noch mehr Spannung zu erzeugen. Der Ton E wird also zum F. Notiert wird so ein Akkord mit einem Plus („+“), damit klar ist, dass die Quint erhöht ist.

A7 übermässiger Septakkord

Jetzt haben wir einen „übermässigen Septakkord“ – einen 7er mit erhöhter Quint. In seiner Grundstellung klingt er aber nicht so schön… es sind zu viele Töne und zwischen F und G ist zu viel Reibung. In so einem Fall, kann man die Töne ein bisschen anders verteilen und unwichtige Töne weglassen. Bei einem 7+ ist genug Spannung zwischen F, G und Cis, so kann man den Ton A weglassen, ohne dass der Charakter verloren geht. Bei Septakkorden im Allgemeinen lässt man oft den Grundton weg.

A7+ Umkehrung übermässiger Septakkord

Der Akkord ist gewissermassen „schräg“ – wir sind auch in einer Jazz-Übung – aber wenn man die Töne so auseinander „spreizt“, klingt er schon viel schöner.

Jetzt kannst du deinen Lauf in der rechten Hand mit diesem Akkord in der linken ersetzen, z.B. jeweils kurz auf den ersten Schlag angespielt:

Jazz-Übung mit einem Akkord

5. Wenn es zwei Akkorde wären

Der Akkord auf der fünften Stufe will immer aufgelöst werden zur Stufe eins – das ist immer so, ob in Dur oder Moll. Es ist dieser „Quintfall„, den unsere Ohren so gut kennen.

Erste Stufe in D-Moll ist der gleichnamige D-Moll-Akkord. Wir erweitern diesen natürlich auch mit einer Septime, und nehmen dann auch gleich eine Umkehrung davon, die gut in der Hand liegt und nahe beim bisher gespielten A7+ – z.B. sodass der gemeinsame Ton F mit dem selben Finger angespielt werden kann.

Dm7 Septakkord Moll

Jetzt kannst du diese zwei Akkord abwechselnd für die Begleitung nutzen, zum Beispiel auf Schlag 1 wie bisher den A, und auf 2 jetzt neu den Dm.

Jazz-Übung Melodie mit zwei Akkorden

Somit haben wir auch schon einen passenden Schlussakkord gefunden – auf Dm7 lässt sich wunderbar abschliessen, weil unsere Ohren als Abschlussakkord eines Lieds immer die erste Stufe erwarten.

Jetzt hast du eine schöne Abwechslung – A7+ baut eine Spannung auf, Dm7 ist die Auflösung.

6. Fortgeschrittene Variante mit vier Akkorden

Wenn du die Übung noch erweitern willst, kannst du zwei weitere Akkorde dazu nehmen. Der erste wird nur eine kleine Abwandlung des Dm sein – nämlich ein Dm6. Anstatt den Zusatzton C spielen wir einen Ton H. Der Ton H ist zwar fremd in unserer Tonart, aber du wirst gleich sehen, wie wir ihn trotzdem einbinden können.

Dm7 und Dm6

Der andere Akkord wird Stufe zwei sein. Wir wollen nämlich eine klassische Jazz-Kadenz spielen, und die geht „zwei fünf eins“. Darauf bauen so gut wie alle Jazz-Lieder auf.

Auf Stufe zwei haben wir einen verminderten Akkord „E vermindert“, den wir noch – ganz unüberraschend – mit einer Septime erweitern.

Edim Em7b5 halbverminderter Septakkord

Unsere Akkordfolge wird jetzt also zu A7+ Dm7 Dm6 Em7b5 – oder in Stufen-Schreibweise „fünf eins eins zwei“. Wir haben eine Variation des Klassikers „zwei fünf eins“ gebaut.

Akkordfolge Jazz-Übung Variation ii-V-i

Warum diese Akkordfolge so gut funktioniert liegt unter anderem auch an der versteckten chromatischen Bewegung innerhalb der Akkorde: Kannst du den Abstieg erkennen? Der Ton Cis im ersten Akkord „fällt“ zum C im zweiten, zum H im dritten und zum B im vierten Akkord. Diese bewegung nennt man „chromatisch“ weil sich diese versteckte Melodie in Halbtonschritten abwärts bewegt. Ein solcher Abstieg „klebt“ die Akkordfolge noch mehr zusammen.

So kannst du jetzt z.B. die Melodie mit der vollständigen Jazz-Kadenz begleiten: Wir fügen die zwei neuen Akkorde hinzu, jeweils auf Schlag 3 und Schlag 4.

Jazz-Übung mit vier Akkorden

7. Mach diene eigene Variante

Du kannst die Melodie mehrmals spielen, pausieren, variieren. Oder die Begleitung anpassen, ausprobieren ob du die Akkorde länger oder kürzer oder in einer anderen Reihenfolge spielen magst. Wenn du die Melodie über die ganze Klaviatur spielst, musst du schauen, wie deine Hände an einander vorbei kommen und wenn du in die Tiefe gehst, musst du die Hände überkreuzen. Deine Kreativität ist gefragt – erfinde deine eigene Variante!

 

 

Artemi

Als Klavierlehrer ist Artemi leidenschaftlich dabei, das Know-How um das freie Klavierspiel für alle Tastenbegeisterte frei zugänglich zu machen. Jede und jeder soll Klavier spielen lernen können – kostenfrei und unkompliziert. > mehr über Artemi

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